„Netzwerk / Award für Bionische Entwicklungen Baden-Württemberg e.V.“
Aus der Natur lernen: Innovationen für eine nachhaltige Zukunft

1. Gala-Abend zur Verleihung des 1. Awards für bio-inspirierte Innovationen am 05.05.2025
AWARD FÜR BIONIK-INNOVATIONEN IN MANNHEIM VERLIEHEN
Linus Baumhauer, Werkleiter von JOHN DEERE MANNHEIM und Hausherr des JOHN DEERE-Forum, begrüßte am 5. Mai die Gala-Gäste, die aus ganz Deutschland angereist waren. Peter M. Kunz vom „Netzwerk für bionische Entwicklungen Baden-Württemberg e.V.“ eröffnete als Initiator der Gala und des Awards die mit Spannung erwartete Vorstellungsrunde.
Fünf Teams hatten es in die Endrunde geschafft, um ihre bionisch inspirierten Produkte zu präsentieren. Mit Kurz-Vorträgen im Stil eines Elevetor-Pitchs eröffnete sich ein beeindruckendes Spektrum bionischer Innovationen:
Inspiriert von der nahezu geräuschlosen Flugfähigkeit der Schleiereule, entwickelten die Ingenieure des Unternehmens ZIEHL-ABEGG ein Flügeldesign für Ventilatoren, das die Effizienz steigert und gleichzeitig die Geräuschentwicklung minimiert. Ausgedacht hatten sich die Entwickler eine geräuscharme Lüftung von heiß-laufenden Strahlern in Konzertsälen; heute sind genau diese Ventilatoren in einer neuen Generation leiserer Wärmepumpen zu finden.
Beim Mannheimer Unternehmen FUCHS LUBRICANTS entwickelten Forscher BiBaLub – innovative Schmierfette auf Basis von Birkenrindenextrakten für unterschiedliche industrielle Anwendungen. Birkenrinden-Extrakte sind darüber hinaus antimikrobiell: man muss ihnen keine Biozide mehr zusetzen.
Mit einem Nanopelz gegen die Ölpest: Forscher des Karlsruher KIT nahmen die superhydrophobe Wasserpflanze Salvinia zum Vorbid für einen wasserabweisenden „Nanopelz“, ideal für die Beseitigung von Ölverunreinigungen: Mit einem technischen Gewebe der „Salvinia“ nachempfunden, sammeln sie Ölverunreinigungen auf der Oberfläche von Gewässern ein. Wo es sich lohnt, gewinnt man das Öl zurück und setzt das Gewebe erneut ein.
Prof. Dr. Oliver Schwarz vom Forschungsbereich Pharma- und Bioproduktionstechnik am Fraunhofer IPA in Stuttgart präsentierte die Entwicklung des Bohrwerkzeugs „Sirex“ zum Bohren von Löchern mit drei- oder mehreckigem Querschnitt – inspiriert von der Bohrtechnik der Holzwespe.
Beim Freiburger Unternehmen SCHÖLLY FIBEROPTIC stand ein Schlangenskelett Pate für die Funktionsintegration und Strukturoptimierung einer flexibel steuerbaren Endoskopspitze, die unter anderem Untersuchungen der Niere vereinfacht.
Bevor die Galabesucher mit Stimmkugeln ihre Favoriten unter den vorgestellten Innovationen wählten, bedankte sich Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht bei Peter M. Kunz für die Ausrichtung der Gala und erinnerte daran, dass Mannheim als Stadt der Erfindungen und Innovationen mit seiner dynamischen Startup-Kultur der ideale Standort ist, um den neu geschaffenen Bionik-Award zu verleihen. Auch Mannheims Erste Bürgermeisterin Prof. Dr. Diana Pretzell bedankte sich bei den Teilnehmern und wies auf die Bedeutung bionischer Innovationen insbesondere für den Bereich Umwelt- und Klimaschutz hin.
Die meisten Stimmkugeln erhielt Prof. Dr. Oliver Schwarz vom Forschungsbereich Pharma- und Bioproduktionstechnik am Fraunhofer IPA in Stuttgart für die Entwicklung des Bohrwerkzeugs „Sirex“. Aus den Händen von Peter M. Kunz nahm er den Award mit dem Namen „Aufschwung für bio-inspirierte Innovationen“ von Kunz+Kunz entgegen und erläuterte den medizintechnologischen Nutzen seiner bionisch inspirierten Entwicklung. Mit „Sirex“ können Chirurgen Eingriffe an menschlichen Hüftgelenken oder bei Zahnimplantaten im Kiefer schneller und präziser vornehmen, da der Bohrer auch Löcher mit drei- oder mehreckigem Querschnitt ermöglicht – dank der Adaption der Bohrtechnik von Holz- und Schlupfwespen. Darüber hinaus ist der Kraftaufwand, der zum Bohren aufgewendet werden muss, deutlich geringer als bei herkömmlichen Methoden.
Die Stiftung Zukunft des Mannheimer Unternehmens MVV Energie AG wählte ihrerseits einen Preisträger für „von der Natur inspirierte Energiewende-Innovationen“ unter den eingereichten Bewerbungen aus. Dr. Alina Amann, Vorständin der MVV Stiftung Zukunft und Stabsabteilungsleiterin Innovation der MVV, überreichte Matthias Ridder vom Institut für Textil- und Fasertechnologien (ITFT) an der Universität Stuttgart den mit 500 Euro dotierten Sonderpreis für das Fassaden-Verschattungssystem Flectoline. In ihrer Laudatio betonte Alina Amann, dass die Energiewende eine gewaltige, gemeinsame Herausforderung darstellt – und möglich werden kann durch wegweisende Projekte wie Flectoline, die Prinzipien der Natur nutzen, um eine nachhaltige und klimaneutrale Energieversorgung voranzutreiben. Entwickelt vom Stuttgarter ITFT beeindrucke Flectoline als adaptives Verschattungssystem aus faserverstärkten Fassadenelementen, basierend auf biologischen Vorbildern der temporären Verschattung.
Mit einem Get together und guten Gesprächen endete die Award-Verleihung und bildete den Auftakt zum 6. Bionik-Kongress, der am folgenden Tag mit Interviews und Werksführungen auf dem Gelände des Mannheimer John Deere Standorts und mit vier parallelen dreistündigen Workshops ohne PowerPoint-Vorträge am Nachmittag im John Deere Forum stattfand.
Quelle von Bild und Text: https://www.mannheimmyfuture.de/blog/award-fuer-bionik-innovationen-in-mannheim-verliehen/
Sonderpreis der MVV-Stiftung Zukunft
Seit zwei Jahren wird FlectoLine erfolgreich unter realen Bedingungen getestet. Installiert ist die adaptive Fassade an einem Gewächshaus im Botanischen Garten in Freiburg. „Adaptiv“ heißt: Das System reagiert in Echtzeit auf Umwelteinflüsse und hilft so, die Energieeffizienz und den Innenraumkomfort von Gebäuden zu optimieren.
Erster voll funktionsfähiger, großflächiger Außendemonstrator
Der 83,5 Quadratmeter große FlectoLine-Demonstrator besteht aus 101 „Klappen“, Beschattungselementen aus faserverstärkten Kunststofflaminaten. Jede Klappe ist mit nachgiebigen Gelenkzonen versehen und kann sich mithilfe von Druckluft elastisch verbiegen: Bei Kälte falten die Klappen sich zusammen, so dass möglichst viel Licht und damit Wärme ins Gebäudeinnere dringt. Bei Hitze klappen sie auseinander und spenden Schatten. Die Steuerung des Systems nutzt maschinelles Lernen, um optimale Einstellungen für verschiedene Szenarien vorherzusagen. Für einen nachhaltigen Betrieb sorgen integrierte Photovoltaikmodule.
Entwickelt wurde FlectoLine im Zuge des internationalen Forschungsprojekts „Flectuation“. Beteiligt waren das Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) und das Institut für Textil- und Fasertechnologien (ITFT) der Universität Stuttgart sowie die PBG Plant Biomechanics Group der Universität Freiburg. „Das in Freiburg installierte Testsystem beruht auf über zehn Jahren Forschung. Es ist der erste voll funktionsfähige großflächige Außendemonstrator einer adaptiven Fassade, die aus nachgiebigen Faserverbundkunststoffe bestehen“, sagt Edith A. Gonzalez, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ITKE.
Von der Natur gelernt
Inspiration für FlectoLine holten die Forschenden sich aus der Natur. Als Vorbild dienten die Wasserfalle und die Streifenwanze. „Die Wasserfalle ist eine fleischfressende Pflanze, die ihre Klappen schließen kann, um kleine Tiere, wie Wasserflöhe, zu fangen. Von diesem Mechanismus haben wir uns inspirieren lassen. Die Streifenwanze lieferte Erkenntnisse zur Materialstruktur der Beschattungselemente: Durch unterschiedliche Steifigkeit in verschiedenen Flügelbereichen kann sie ihre Flügel gezielt verformen und so höchstpräzise Bewegungen ausführen – genau wie die Beschattungselemente von FlectoLine“, sagt Matthias Ridder, wissenschaftlicher Mitarbeiter am ITFT.
Sonderpreis beim „Award für bio-inspirierte Innovationen Baden-Württemberg“
Für ihre kluge, von der Natur inspirierte Innovation wurden die Forschenden im Mai 2025 beim „Award für bio-inspirierte Innovationen Baden-Württemberg“ ausgezeichnet. Der Preis wurde in diesem Jahr zum ersten Mal vom Netzwerk für Bionische Entwicklungen Baden-Württemberg e.V. ausgeschrieben, mit Unterstützung des baden-württembergischen Ministeriums für Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz. Die feierliche Verleihung fand im Rahmen des 6. Bionik-Kongress Baden-Württemberg in Mannheim statt.
Das FlectoLine Team durfte den Sonderpreis der MVV-Stiftung Zukunft für eine bionisch/ bio-inspirierte Innovation entgegennehmen. „Wir sind sehr stolz über diese Anerkennung“, sagt Edith A. Gonzalez. „Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels muss die Architektur neue Wege einschlagen. Mit FlectoLine haben wir erfolgreich gezeigt, wieviel Potential diesbezüglich in adaptiven Fassaden steckt. FlectoLine maximiert Komfort und Funktionalität des Gebäudes, während gleichzeitig die Energieeffizienz verbessert und der CO2-Ausstoß verringert wird.“
Quelle: https://www.beschaeftigte.uni-stuttgart.de